„Hab ich das richtig verstanden?” Wie blond muss man sein, um so eine Frage zu stellen? Das lasse ich lieber! Die werden sich schon was dabei denken. Aber macht das Sinn? Ich versteh’s zwar nicht, aber wieso soll ich mir darüber den Kopf zerbrechen. Ich bin ja hier nur Externer / Developer / Junior / einfacher Mitarbeiter / neu dabei…“ Kopfkino.
Manchmal fehlen nur die Vokabeln – die Terminologie ist so speziell im Fachgebiet, dass alle, die „drin“ sind, gar nicht mehr merken, wie selbstverständlich ihnen die Abkürzungen und internen Bezeichnungen sind.
Manchmal reden Menschen schlicht an einander vorbei
So wie zu Beginn des Jahres, als ich die Beteiligten in einem IT-Projekt interviewte. Mein Briefing vom Auftraggeber lautete „Wir gehen im Dezember 2017 live“. Im Gespräch mit dem Fachberater klang an, dass es diverse technische Herausforderungen und Unklarheiten bei den Systemanforderungen gibt. Also hakte ich nach, wie er die Timeline für den Go-live im Dezember sieht. „Ja, schon möglich – aber nur technisch, und nur mit dem ersten Modul! Alles andere schaffen wir nicht!“ Ok, verstanden.
Fragen Sie doch mal, was Go-live bedeutet
Nächstes Gespräch, diesmal mit dem Kundenbetreuer für die Geschäftseinheit. Wie ist das mit dem Go-live im Dezember – was soll da live gehen? „Na, das erste Modul ist bis dahin schon operativ, und das zweite geht da technisch live, damit wir im Q1 dann schon die Zahlen aus dem neuen System haben.“ Hm….
Was meinen Sie, was der Projektleiter der Geschäftseinheit auf dieselbe Frage antwortete? Sie ahnen es – für ihn war klar, dass bis dahin alles operativ ist und sein Projekt im Dezember abgeschlossen ist.
Haben diese drei Menschen acht Monate lang nicht miteinander gesprochen? Doch, natürlich. Es hat nur keiner hinterfragt, was denn genau hinter dem Etikett „Go-live Dezember“ steckt. Und was jeder der Beteiligten darunter verstand.
Ein gemeinsames Weltbild schaffen
Die Herausforderung, die drei Weltbilder überein zu bringen, ist gelungen. Wir haben es geschafft, zwischen den Erwartungen der Geschäftseinheit an einen schnellen operativen Go-live und den Schwierigkeiten auf der fachlich-technischen Seite zu vermitteln, und uns auf einen neuen gemeinsamen Fahrplan verständigt. Nachdem einmal transparent war, welche unterschiedlichen Erwartungen im Raum standen, konnten wir konstruktiv an der Lösung arbeiten.
Es braucht keine Einzel-Interviews, um herauszufinden, was Ihre Projektteilnehmer unter einem bestimmten Begriff, Ergebnis oder Termin verstehen. Haken Sie nach, erläutern Sie, was Sie selbst damit meinen, und fragen Sie, ob Sie Ihr Gegenüber richtig verstanden haben.
Haben Sie den Mut nachzufragen
Manchmal hat Erfolg auch einfach nur mit Mut zu tun. Dem Mut, mal „blond“ zu erscheinen. Nicht allwissend, der Super-Experte, die Über-Blickerin. Haben Sie Mut, fragen Sie nach! Ihre Gesprächspartner werden es Ihnen danken. Und der Erfolg wird Ihnen recht geben.
Teil 4 der Serie “Project Success Trap of the Week – Beliebte Fallen für Ihren Projekterfolg”.