Das macht der Kollege schon

von | 24.02.2018 | Projektfalle der Woche, Projektmanagement

Im Englischen gib es ein Wortspiel: Never assume. It makes an ass out of you and me. Zu deutsch etwa: Triff keine Annahmen. Sie machen einen Esel aus Dir und mir. Nirgendwo trifft diese Bemerkung öfter zu als im Projektmanagement. Allzu oft nehmen wir an, dass sich Kollege X schon drum kümmert. Gehört doch schliesslich in seinen Bereich.

Liegt es an mangelnder Reife, Erfahrung, Professionalität oder Motivation der Beteiligten, wenn doch immer wieder etwas durch die Ritzen fällt?

Die Kanten zwischen Teilprojekten oder Fachbereichen sind beliebte Projektfallen.

So wie neulich, als eine zusätzliche Reporting-Anforderung für ein laufendes Rollout-Projekt kurzfristig geliefert werden sollte. Nicht im Projekt-Scope, also kümmern sich die Kollegen vom Release Management.

Der Fachberater für Reporting schreibt das Design, der Projekt-Berater ist informiert. Die Lösung wird gebaut, getestet, für gut befunden – ready for deployment. Kurz vor dem Go-live hakt der Projektleiter für das Rollout-Projekt nach: haben wir alles, was wir so typisch für einen Go-live brauchen? Sie wissen schon: Funktionalität, Daten, User, Berechtigungen… Unsere Business Unit ist ja noch nicht live, also könnte da schon noch was zu tun sein.

Hm, war eine gute Frage.

Denn wie sich rausstellte, kam im Design keine Berechtigung vor. Die war denn auch noch nicht gebaut. So konnten die User nicht beantragt werden und der Go-live musste verschoben werden.

Beim kurzen Check, wie es dazu gekommen war, stellte sich heraus, dass jeder der Beteiligten gedacht hatte: macht der Kollege schon mit. Brauch ich mich nicht drum zu kümmern. Alle in bester Absicht, alle mit der höchsten Meinung vom jeweiligen Team-Kollegen. Das galt gleichermassen für die Projektleiter wie für die Fachberater. Nur durch die Last-Minute-Frage nach der Checkliste für Go-lives konnten wir verhindern, dass es eine peinliche Panne mit der Business Unit gab.

Für mich ist das keine Frage von fehlender Reife oder Motivation.

Sondern schlicht eine Funktion der Zusammenarbeit von Menschen. Als Projektleiter ist es unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass alles zum Termin fertig ist. Und das bedeutet vor allem: sicherstellen.

Sicherstellen, dass alle verstanden haben, was sie tun sollen, was die anderen tun, und wo die Schnittstellen sind.

Sicherstellen, dass alle den Scope, die Prioritäten und den Terminplan kennen.

Sicherstellen, dass auch bei Terminänderungen und Personalausfällen allen klar ist, wie es weitergeht.

Sicherstellen, dass die Kommunikation auch ohne den Projektleiter als Botschafter funktioniert.

Sicherstellen, dass aufkommende Probleme an die Projektleitung kommuniziert werden.

Die Liste liesse sich noch fortsetzen.

Macht mich das zum Kontrollfreak? Vielleicht. Aber es macht mich auch zum erfolgreichen Projektleiter.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre Projekte!

 

Folge 1 der Serie “Project Success Trap of the Week – Beliebte Fallen auf dem Weg zum Projekterfolg”.