Die Kunst der geplanten Pause

von | 13.05.2019 | Führung

Was ist es nur, dass wir keine Pausen mehr planen? Nicht für uns selbst und nicht für unsere Teams. Dabei wissen wir es viel besser: Der Körper erholt sich über Nacht, die Muskeln wachsen in den Trainingspausen, Ideen kommen unter der Dusche und am Strand. Trotzdem powern wir durch und packen unseren Teams immer noch eine Aufgabe oben drauf.

Sonderfall Projektorganisation

Nirgendwo wird das für mich sichtbarer als in Projektorganisationen. Nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Dauernd geht es um die nächste Deadline, das nächste fertige Produkt, das zum Kunden soll. Die Personalausstattung ist aufs absolute Minimum ausgelegt, wehe wenn einer krank wird. Alle Pufferzeiten, die kluge Manager und Managerinnen in ihre Pläne einrechnen für das sogenannte Unvorhergesehene, werden wegdiskutiert.

Gleiches gilt für die Projektausstattung. Brauchen wir den Mitarbeiter wirklich noch im Team? Wieso brauchen wir für Position X eine Doppelbesetzung? In der Planung dreht sich die Diskussion immer um Kosteneffizienz. Doch was machen wir, wenn im laufenden Betrieb jemand ausfällt? Dann hätten wir gern jemanden, der/die das Projekt schon kennt und am besten gleich loslegen kann, ohne Einarbeitung. Dazu hätten wir ihn oder sie aber schon von Anfang an im Team haben müssen… Da braucht es kluge Ideen, gute Verhandlungen und ein Konzept zur Einbindung von Mitarbeitern, die auf der Reservebank sitzen.

Das können wir uns nicht leisten

„Wir können uns nicht leisten, dass jemand nur in Reserve sitzt und nichts tut.“ Verstehe ich. Aber erstens tut derjenige/diejenige etwas, nämlich die Last von n auf n+1 Team-Mitglieder verteilen. Da bleibt dann die Zeit, um nochmal den gesamten Durchlauf zu testen, mit der Fachabteilung die Anforderungen zu evaluieren und nicht nur entgegenzunehmen, alternative Lösungen zu recherchieren und zu zweit ein knackiges Thema zu durchdenken. Sowas sichert Qualität.

Zum zweiten packen wir den Reservekandidaten/die Reservekandidatin dann doch ins Team. Und zwar dann, wenn von der Kernmannschaft jemand ausfällt oder das Unvorhergesehene eintrifft. Und dann reissen wir ein Loch in das Team, in dem unser Kandidat/unsere Kandidatin eben noch zugeordnet war. Denn wir haben ja niemanden einfach nur rumsitzen. Die Folge ist ständige Unterbesetzung, erhöhter Stress und im schlimmsten Fall ein Dauer-Notfallmodus.

Wie machen Sie das?

Planen Sie Pausen ein? Nach Meilensteinen, Spurts und Sprints? Lassen Sie Ihrem Einsatzteam Luft zum Atmen? Oder freuen Sie sich einfach, dass jetzt wieder ein paar Ressourcen frei sind, die neue Aufgaben übernehmen können? Und schon wieder mit knappen Deadlines und schmaler Personalausstattung – wieso, reicht doch?

Weshalb scheuen wir davor zurück? Ich ertappe mich selbst dabei, dass ich erst Pause mache, wenn ich nicht mehr kann. Wenn ich vorab einen Tag im Monat definieren soll, an dem ich frei nehme (und nichts mit der Familie unternehme und nichts in Haus oder Garten tue), zögere ich. Geht doch nicht, Du hast doch so viel zu tun, meldet sich eine innere Stimme. Auch Pause machen erfordert Disziplin. Projektarbeit und Coaching kostet Kraft auf allen Ebenen – körperlich, mental, emotional.

Achten Sie auf die Signale

Früher oder später holt sich der Körper die Pause ohnehin. Irgendwann sind die Kraftreserven so weit erschöpft, dass das System heruntergefahren wird. Beim einen reagiert der Körper zuerst. Beim nächsten geht die mentale Kraft als erstes – da stellen sich Konzentrationsprobleme und Fehler ein. Wieder andere reagieren zuerst emotional – da gibt es Ärger, Zweifel und Konflikte. Wie auch immer Ihre Reihenfolge ist: achten Sie darauf, bevor Sie ausfallen. Ihr Körper sendet Ihnen Signale, wenn er eine Pause braucht. Das gleiche macht Ihr Team – mal mehr, mal weniger deutlich. Es ist an Ihnen, darauf zu hören.

Planen Sie Pausen ein – für sich und Ihr Team

Wie soll das gehen? Sollen wir jetzt nach Projektmeilensteinen allen erstmal zwei Tage frei geben? Schwierig, denn da kommen vielleicht noch Fehler auf, die gelöst werden müssen. Aber wir brauchen ja in die zwei Wochen nach einem Go-live nicht gleich den Endspurt für die nächste Phase, das zweite Projekt zu legen. Wir können uns von der „alles-oder-nichts“ Mentalität lösen und eine kluge, vorausschauende Planung über all unsere Projekte hinweg machen. Genau so, wie wir das innerhalb eines einzelnen Projektes tun.

Dann sehen wir auch, wann das lange Wochenende fürs Team passt.