Manchmal wünschen wir uns, nicht die ersten zu sein. Die ersten, die umfallen. Die ersten, die die Hand heben. Die ersten, die sagen: wir schaffen das nicht. Wir wünschen uns stattdessen ein Wunder. Mehr Zeit. Einen plausiblen Grund, auf den wir unser Scheitern schieben können. Ein wichtiger Mitarbeiter ist ausgefallen. Das System stand still. Im Rechenzentrum ging das Licht aus. Wir können nichts dafür!
Noch lieber wäre uns, die anderen würden unseren Text übernehmen. Siehst Du, die schaffen es ja auch nicht! Wer auch immer „die anderen“ in unserem Spiel sind: es sind die, die nicht zu unserem Team gehören. Nicht zu unserer Abteilung, unserer Organisation, unserem Unternehmen. Am besten, der Kunde / der Dienstleister kommt und sagt, er schafft es selbst nicht rechtzeitig. Hurrah, sie brauchen mehr Zeit!
Wer sich zuerst bewegt, hat verloren
Am besten bewegen wir uns gar nicht. Wir tun so, als ob alles in Ordnung ist. In der Zwischenzeit warten wir mit wachsender Verzweiflung darauf, dass die anderen die weisse Fahne hissen. Frei nach dem Motto „Wer sich zuerst bewegt, hat verloren!“.
Wir wissen bereits, dass das der falsche Weg ist. Und dass unser Problem schon vor längerer Zeit begonnen hat. Oder warum haben wir nicht Vorsorge getroffen, dass es mehr als einen Mitarbeiter gibt, der die jetzt anstehende kritische Aufgabe bewältigen kann? Seit wann wussten wir, wie eng der Zeitplan ist, und dass wir nur noch hoffen konnten, dass kein Licht ausgeht im Rechenzentrum?
Die Suche nach den Gründen
Weshalb spielen wir trotzdem so oft mit? Wollen wir hier wirklich die ganzen Gründe anführen, die bei den „anderen“ liegen? Sie wissen schon: die Chefs und Auftraggeber, die nur gute Nachrichten hören wollen. Die Organisationskultur, die keine Verzögerungen oder Fehler zulässt. Die höheren Mächte, die in unserem Unternehmen ganz oben sitzen und ohne jegliche Kenntnis der Realität gemeinerweise gegen uns entschieden haben. Böse!
Doch was ist mit den Gründen, die in uns liegen? Trauen Sie sich, gegen den Strom zu schwimmen? Beziehen Sie einen unbequemen Standpunkt, bei dem Sie wenig Gegenliebe erfahren? Wie wichtig ist Ihnen das Ergebnis Ihrer Arbeit? Und Ihr Wertbeitrag zum Erfolg Ihres Unternehmens? Woran messen Sie Ihren persönlichen Erfolg? Und wie passt das zu dem Verhalten, das Sie in Ihrer Organisation an den Tag legen?
Kein einfaches Learning
Es war eines der wichtigsten Learnings in meiner Tätigkeit als Projekt-Auditorin, dass ich nicht mehr Teil eines Projektteams bin. Ich werde dafür gerufen, meinem Kunden aufzuzeigen, was schief läuft und wie es besser geht. Es hat nicht nur keinen Sinn, mir die Ziele des Kunden zueigen zu machen. Es ist kontraproduktiv. Wenn die Ziele nicht zu erreichen sind, muss ich Farbe bekennen. Das ist unbequem, und nicht jeder Kunde möchte hören, was ich zu sagen habe.
Ich habe Kunden verloren, wenn ich sie trotz meiner Zweifel darin bestärkt habe, dass sie es schon schaffen werden. Diejenigen, denen ich geholfen habe die Situation zu verstehen und geeignete Massnahmen zu ergreifen, um das Projekt wieder auf Kurs zu bringen, kommen wieder. Selbst wenn sie anfangs nicht hören wollten, was ich ihnen zu sagen hatte. Das war kein einfaches Learning. Aber wer sagt denn, dass alles immer einfach sein muss?
Folge 15 der Serie “Project Success Trap of the Week – Beliebte Fallen für Ihren Projekterfolg”.